Nina Mittelham holt dritten Titel in Folge / Erster Triumph für
Benedikt Duda / Bestmarke von Roßkopf/Fetzner eingestellt
Bremen. Die 89. Deutschen Meisterschaften in Bremen sind Geschichte. Die schillerndsten Kapitel an diesem Wochenende schrieben die beiden Olympioniken Benedikt Duda und Nina Mittelham: Die Ergänzungsspieler der Silbermedaillengewinner von Tokio und der Team-Halbfinalistinnen unterstrichen ihre Klasse mit dem Sieg in den Einzel-Konkurrenzen. Für die Berlinerin Mittelham war es bereits der dritte Titelgewinn in Folge, der Bergneustädter Duda stand nach Platz zwei im Vorjahr in Chemnitz erstmals auf der höchsten Stufe des Siegerpodests. Ein ebenfalls beeindruckendes Kapitel schrieben in der ÖVB-Arena aber auch die Auftritte einer ganzen Reihe von DTTB-Talenten. „Die jungen Spieler haben die arrivierten nicht nur angreifen, sondern auch schlagen können“, bilanzierte DTTB-Sportdirektor Richard Prause.
Erster Titelgewinn im Einzel für Benedikt Duda
Im Finale musste der Weltranglisten-42. Benedikt zwar einen 1:2-Satzrückstand gegen Bastian Steger wettmachen. Doch am Ende gewann der Bergneustädter gegen den zum fünften Male im Finale stehenden Deutschen Meister von 2011 und 2012 noch verdient seinen ersten nationalen Titel. Ein glücklicher und zufriedener Benedikt Duda sagte nach dem Titelgewinn: „Das waren einfach fantastische Wochen für mich. Ich freue mich, dass ich in Tokio den Jungs helfen konnte, für Deutschland die Silbermedaille zu gewinnen, jetzt der Deutsche Meistertitel in Bremen.“ Im Finale musste Duda zunächst einen Rückstand wettmachen: „Ich habe lange gebraucht, bis ich frei aufgespielt habe, bis ich mich von dem Druck lösen konnte.“ Der Weltranglisten-115. Bastian Steger gratulierte seinem Kontrahenten zum Titelgewinn: „Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch an Benedikt. Ich hatte das Gefühl, dass ich das Spiel unter Kontrolle habe und zwischendurch versucht, mein Spiel zu variieren, aber er konnte das Spiel noch drehen.“
Nina Mittelham siegt zum dritten Mal in Folge
Mit einem 4:2-Sieg über Chantal Mantz (Langstadt) sicherte sich die Berlinerin Nina Mittelham ihren dritten deutschen Meistertitel in Folge. Nach sechs Sätzen lautete das Ergebnis 4:11, 14:12, 12:10, 4:11, 11:7 und 11:9 für Mittelham gegen die U-21-Europameisterin von 2017, die am Vormittag im Halbfinale den Siegeszug der erst 15 Jahre Schülerinnen-Europameisterin Annett Kaufmann (Böblingen) gestoppt hatte. Mittelham hingegen ließ in der Vorschlussrunde in einem Duell auf des Messers Schneide die Titelhoffnungen ihrer Nationalmannschaftskollegin Sabine Winter platzen. Der alten und neuen Meisterin stand nach dem dritten Titelcoup in Folge die Freude ins Gesicht geschrieben: „Ich hatte diesmal einen sehr holprigen Start und habe mich von Runde zu Runde gesteigert. Ich bin megastolz. Dreimal hintereinander Deutsche Meisterin zu werden ist jedenfalls toll, so kann es gerne noch ein paar Jahre weitergehen.“ Dies scheint wohl eher muss, denn ein kann, zumindest wenn es nach Mama Manuela geht. Die hatte ihre Tochter mit einem klaren Auftrag nach Bremen geschickt, wie Nina Mittelham lachend erzählt: „Meine Mama hat gesagt, ich soll den Pokal wieder mit nach Hause bringen, damit der Platz nicht unbesetzt bleibt. Das habe ich zum Glück geschafft.“
Duda/Qiu stellen Bestmarke von Rosskopf/Fetzner ein
Der letzte vergebene Titel war der zuvor am meisten erwartete: Im Endspiel des Herren-Doppels sicherten sich der frischgebackene Einzel-Meister Benedikt Duda und der Düsseldorfer Dang Qiu mit einem 3:0-Erfolg über die Abwehr-Angriff-Konbination Ruwen Filus/Steffen Mengel zum vierten Mal in Folge den Titel. Es ist gleichzeitig die Einstellung einer 30 Jahre lang währenden Bestmarke. Von 1988 bis 1991 hatten ohne Unterbrechung Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner, die Doppel-Weltmeister von 1989, die Konkurrenz in Deutschland nach Belieben beherrscht. Penholder-Ass Dang Qiu kündigte nach dem Finale an, den alleinigen Rekord in Angriff nehmen zu wollen: „Eines steht jedenfalls fest: Benne und ich werden auch die nächsten Jahre wieder antreten und es natürlich versuchen. Mal schauen, ob und wie lange wir es hinbekommen.“ Mit der Leistung des Duos war die Nummer 51 der Welt sehr zufrieden: „Wir haben das gesamte Turnier über sehr stark und konstant gespielt, haben keinen Satz abgegeben.“ Auf Wolke sieben schwebte Benedikt Duda: „Nach dem Einzeltitel auch im Doppel Deutscher Meister zu werden, ist ein super Gefühl. Die Niederlage im letzten Jahr im Einzel-Finale hatte sehr geschmerzt. Daher ist es umso erfreulicher, in Bremen jetzt bei beide Titel gewonnen zu haben.“
Sechster Doppel-Sieg für Sabine Winter, erster für Laura Tiefenbrunner
Im Damen-Doppel heißen die neuen Deutschen Meisterinnen Sabine Winter und Laura Tiefenbrunner. Das bayerische Duo aus Schwabhausen und Kolbermoor setzte sich im Finale mit 3:0 gegen die Routiniers Tanja Krämer und Jessica Göbel (Langstadt/Berlin) durch, die mit einem überraschenden Erfolg über die Ex-Europameisterinnen Nina Mittelham/Kristin Lang in das Endspiel eingezogen waren, während die Bayerinnen die Jugend-EM-Dritten Anastasia Bondareva/Sophia Klee in Schach gehalten hatte. Für die 28 Jahre alte Sabine Winter war es bereits der sechste nationale Meistertitel im Doppel-Wettbewerb seit dem Jahr 2010. Dass die Europameisterin im Doppel von 2013 und 2016 ihre sechs Sieg mit fünf verschiedenen Partnerinnen erreichte, spricht für die außergewöhnlichen Qualitäten Winters. Für die 9 Jahre jüngere Laura Tiefenbrunner, Goldmedaillengewinnerin mit der DTTB-Mädchenauswahl bei der Jugend-EM 2019, war es der erste nationale Damen-Titel.
Gold im Mixed für Franziska Schreiner/Tobias Hippler
Im Mixed-Wettbewerb setzten sich mit der 19 Jahre alten Franziska Schreiner (Langstadt) und dem drei Jahre älteren Tobias Hippler (Köln) zwei vielversprechende junge Athleten durch, die im gesamten Turnier ohne Satzverlust blieben. Der finale Sieg über Katharina Michajlova (Staffel) und Erik Bottroff (Dortmund) war der erste gemeinsame nationale Titelgewinn für das Duo, die zuletzt auch bei internationalen Turnieren Erfolge eingespielt hatten: Hippler beim Gewinn des Doppel-Titels (mit Kilian Ort) beim WTT Contender in Budapest, Schreiner eine Woche später mit dem U21-Einzelerfolg bei den Czech Open in Olmütz. Franziska Schreiner freute sich über den Erfolg: „Für mich ist der Titelgewinn sehr wertvoll. Jetzt darf ich mich sogar zweifache Deutsche Meisterin nennen, denn ich hatte ja im Damen-Doppel vor zwei Jahren mit Nina Mittelham ebenfalls Gold geholt.“
Talente des DTTB spielen sich ins Rampenlicht
Die Namen einiger junger Spieler wird man sich nach den Deutschen Meisterschaften noch stärker als zuvor merken müssen. Im Herren-Einzel spielten sich in Bremen sich gleich drei Talente der DTTB-Förderkader in den Vordergrund. Der 20 Jahre alte Linkshänder Fan Bo Meng (Fulda-Maberzell) erreichte durch einen Sieg über den nur ein Jahr älteren Cedrid Meissner (Bad Homburg) erstmals das Halbfinale, der zuvor seine Möglichkeiten beim Erfolg über Titelverteidiger Ricardo Walther (Grünwettersbach) unter Beweis gestellt hatte. Ebenfalls im Achtelfinale machte der erst 18 Jahre alte Jugend-Europameister Kay Stumper (Neu-Ulm) nachdrücklich mit einem 4:1 über den topgesetzten Weltranglisten-51. Dang Qiu (Düsseldorf) auf sich aufmerksam. Nicht allzuweit entfernt vom Einzug in das Endspiel war außerdem die 15-jährige Böblingerin Annett Kaufmann. Die dreifache Schülerinnen-Europameisterin sorgte mit dem Viertelfinalerfolg über die an Position eins gesetzte zweifache Doppel-Europameisterin und dreimalige Deutsche Meisterin Kristin Lang (Kolbermoor) für die größte Überraschung des Turniers. Hinzu kommen die Meistertitel in den Doppel-Wettbewerben durch die Franziska Schreiner, Laura Tiefenbrunner und Tobias Hippler.
Begeisternder Sport und Zuschauerzahl mit Luft nach oben
„Es waren die Deutsche Meisterschaften der spannenden und hochinteressanten Geschichten. Die jungen Spieler haben die arrivierten nicht nur angreifen, sondern auch schlagen können.“ DTTB-Sportdirektor Richard Prause hob in seiner sportlichen Bilanz der beiden Turniertage bei den 89. Nationalen Deutschen Meisterschaften in der ÖVB-Arena Bremen den Sieg von U19-Europameister Kay Stumper gegen den topgesetzten Dang Qiu ebenso hervor wie den Halbfinaleinzug von Annett Kaufmann und Fanbo Meng. Gleichzeitig unterstrich er: „Am Ende haben sich die erfahrenen Spieler durchgesetzt. Ein gutes Ergebnis bei Deutschen Meisterschaften ist ein Fingerzeig, soll aber in erster Linie ein Antrieb für die Zukunft sein. Im Tischtennis geht um eine langfristige Leistungsentwicklung.“
Nur gut 1.000 Tickets setzten die Veranstalter vom Deutschen Tischtennis-Bund und Tischtennis Marketing Gesellschaft, unterstützt vom Tischtennis-Fachverband Bremen (FTTB), an beiden Turniertagen zusammengerechnet ab. Unter den Pandemiebedingungen hätten pro Tag bis zu 2.000 Menschen im Publikum Platz nehmen dürften – eine unerwartet niedrige Zahl also in der vorpandemischen Tischtennis-Hochburg im Norden, doch Tischtennis ist damit in guter schlechter Gesellschaft, wie der DTTB-Präsident bei der Bilanz-Pressekonferenz aufzeigte: „Wir sehen das auch im Fußball. Dort werden selbst viele Bundesliga-Stadien nicht so voll, wie sie sein dürften. Und da sind die Menschen draußen und nicht in einer Halle wie bei uns. Das ist kein sporteigenes, sondern ein gesellschaftliches Thema“, sagte Michael Geiger. „Offensichtlich sind die Leute vorsichtig, was nach eineinhalb Jahren Pandemie in den Köpfen, den Medien, dem Berufs- und Privatleben kein Wunder ist.“ Der hohe Aufwand mit den Top-Bedingungen in einer Event-Arena, die schon Welt- und Europameisterschaften beherbergt hat, habe sich trotzdem gelohnt. „Wir haben das Maximale herausgeholt um denen, die hier waren, tollen Sport zu bieten.“ Geiger zog den Vergleich zur Gastronomie. Dort müsse das Restaurant die Gäste gleich beim ersten Mal begeistern, damit sich das Angebot herumspreche. „Das ist uns mit dieser Veranstaltung gelungen. Ich bin überzeugt, dass sich der hohe Standard und der großartige Sport herumsprechen wird und wir schon bald wieder die alten Zahlen erreichen.“
Auch für den FTTB war die DM eine lohnenswerte Veranstaltung auf dem Weg zurück zum Tischtennissport für die Vereine, Spielerinnen und Spieler an der Basis in der noch neuen Saison. „Wir hatten hier eine schöne, familiäre Atmosphäre und eine gute mediale Präsenz. Viele haben sich auf Tischtennis gefreut – von den Volunteers bis zu den Schiedsrichtern -, auch wenn die Zuschauerzahl etwas höher hätte sein können. Wir hoffen jetzt auf künftige Großveranstaltungen im Tischtennis in Bremen.“ Der FTTB hatte das traditionsreiche DM-Turnier bereits im Vorfeld unter anderem für eine erfolgreiche Nachwuchswerbeaktion in einem Einkaufszentrum genutzt.
Die Ergebnisse aller Final- und Halbfinalspiele
Finale Herren-Einzel
Benedikt Duda (Bergneustadt) – Bastian Steger (Bad Königshofen) 4:2 (-9,7,-5,7,5,4)
Halbfinale
Benedikt Duda – Fan Bo Meng (Fulda-Maberzell) 4:1 (10,6,9,-10,8)
Bastian Steger – Ruwen Filus (Fulda-Maberzell) 4:3 (6,-9,13,-6,-11,5,5)
Finale Damen-Einzel
Nina Mittelham (Berlin) – Chantal Mantz (Langstadt) 4:2 (-4,12,10,-4,7,9)
Halbfinale
Chantal Mantz – Annett Kaufmann (Böblingen) 4:2 (-9,9,-4,4,11,5)
Nina Mittelham – Sabine Winter (Schwabhausen) 4:3 (6,-11,8,-9,-9,9,9)
Finale Herren-Doppel
Benedikt Duda/Dang Qiu (Bergneustadt/Düsseldorf) – Ruwen Filus/Steffen Mengel (Fulda-Maberzell/Mühlhausen) 3:0 (9,5,11)
Halbfinale
Benedikt Duda/Dang Qiu – Harmut Lohse/Frederik Spreckelsen (Berlin/Schwarzenbek) 3:0 (7,6,9)
Ruwen Filus/Steffen Mengel – Tobias Hippler/Gianluca Walther (Köln) 3:1 (8,4,-8,11)
Finale Damen-Doppel
Laura Tiefenbrunner/Sabine Winter (Kolbermoor/Schwabhausen) – Jessica Göbel/Tanja Krämer (Langstadt/Berlin) 3:0 (9,4,9)
Halbfinale
Jessica Göbel/Tanja Krämer – Nina Mittelham/Kristin Lang (Berlin/Kolbermoor) 3:0 (8,0,6)
Laura Tiefenbrunner/Sabine Winter – Anastasia Bondareva/Sophia Klee (Bingen/Münster-Sarmsheim/Weinheim) 3:1 (-8,7,9,5)
Finale Mixed
Franziska Schreiner/Tobias Hippler (Langstadt/Köln) – Katharina Michajlova/Erik Bottroff (Staffel/Dortmund) 3:0 (7,7,12)
Halbfinale Mixed (Samstag)
Franziska Schreiner/Tobias Hippler – Kristin Lang/Michael Servaty (Kolbermoor/Buschhausen) 3:0 (8,3,1)
Katharina Michajlova/Erik Bottroff – Anastasia Bondareva/Gianluca Walther (Bingen/Münster-Sarmsheim/Köln) 3:1 (6,7,-8,9)